Viele Frauen kennen das Gefühl, wenn im Zyklus etwas „nicht stimmt“ – sei es durch verkürzte Zyklen, Zwischenblutungen, Stimmungsschwankungen oder unerfüllten Kinderwunsch. Oft steckt hinter diesen unspezifischen Symptomen eine hormonelle Ursache, die auf den ersten Blick nicht sichtbar ist: ein Mangel an Progesteron, auch Gelbkörperhormon genannt. Dieses Hormon spielt eine zentrale Rolle im weiblichen Zyklus und ist vor allem in der zweiten Zyklushälfte – nach dem Eisprung – entscheidend für die Vorbereitung auf eine mögliche Schwangerschaft.
Ein Progesteronmangel kann vielfältige Ursachen haben und tritt häufiger auf, als viele denken. In diesem Santé femme – Blog-Beitrag erklären wir, welche Funktionen Progesteron im Körper übernimmt, wie sich ein Mangel bemerkbar machen kann, welche Diagnosemöglichkeiten es gibt – und wie eine gezielte Behandlung helfen kann, das hormonelle Gleichgewicht wiederherzustellen.
Was ist Progesteron?
Nach dem Eisprung beginnt der Körper, das Hormon Progesteron zu produzieren. Dieses Hormon wird von einem kleinen „Drüsenkörper“ im Eierstock gebildet, der sich aus dem gesprungenen Eibläschen (Follikel) entwickelt. Dieser Drüsenkörper wird Gelbkörper genannt – daher auch der Name „Gelbkörperhormon“. Damit sich der Gelbkörper bildet, braucht es ein anderes Hormon, das sogenannte luteinisierende Hormon (LH), das einen Eisprung überhaupt erst auslöst. Progesteron spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, eine Schwangerschaft vorzubereiten und aufrechtzuerhalten: Es sorgt dafür, dass die Schleimhaut in der Gebärmutter, die vorher durch das Hormon Östrogen aufgebaut wurde, erhalten bleibt und sich verändert. Diese Veränderung macht die Schleimhaut besonders „empfangsbereit“, damit sich eine befruchtete Eizelle gut einnisten kann. Außerdem sorgt Progesteron dafür, dass im Gehirn keine neuen Eisprünge mehr ausgelöst werden – das hilft dabei, den Menstruationszyklus zu steuern.
Wenn der Körper in der zweiten Hälfte des Zyklus nicht genug Progesteron bildet, spricht man von einem sogenannten Gelbkörperhormonmangel oder auch Lutealinsuffizienz. Das kann passieren, wenn der Gelbkörper nicht richtig funktioniert oder sich der Follikel vorher nicht richtig entwickelt hat. Ursachen können zum Beispiel ein zu schwacher Anstieg des LH-Hormons, eine verminderte Empfindlichkeit der Zellen im Gelbkörper oder hormonelle Ungleichgewichte sein – etwa durch Stress, Schilddrüsenprobleme oder einen erhöhten Prolaktinwert. Auch Frauen mit dem polyzystischen Ovarsyndrom (PCOS), in der Zeit vor den Wechseljahren (Perimenopause) oder bei sehr starkem körperlichem Stress können unter einem relativen Progesteronmangel leiden.
Gründe für Progesteronmangel
Ein Progesteronmangel kann sich durch verschiedene zyklusbezogene und reproduktionsmedizinisch relevante Symptome äußern. Zu den häufigsten klinischen Hinweisen zählen eine verkürzte Lutealphase, also eine zweite Zyklushälfte von weniger als zehn Tagen, prämenstruelle Schmierblutungen, unregelmäßige Zyklen sowie ausgeprägte prämenstruelle Beschwerden (PMS).
In Bezug auf die Fertilität kann ein Gelbkörperhormonmangel eine wichtige Rolle spielen. Trotz eines stattfindenden Eisprungs kommt es durch die unzureichende Progesteronbildung häufig nicht zu einer adäquaten Umwandlung des Endometriums, was die Einnistung der Eizelle verhindert. Dies kann zu ausbleibender Schwangerschaft oder frühen Fehlgeburten führen. In der Frühschwangerschaft ist Progesteron essenziell zur Aufrechterhaltung der Schwangerschaft, weshalb ein Mangel auch das Risiko für Frühaborte erhöht.
Diagnose bei Progesteronmangel
Die Diagnose eines Gelbkörperhormonmangels erfordert eine Kombination aus Anamnese, zyklusbasierter Diagnostik und labormedizinischer Untersuchung. In der Anamnese stehen die Zykluslänge, das Auftreten von Schmierblutungen sowie prämenstruelle Beschwerden im Vordergrund. Eine verkürzte Lutealphase oder ein unregelmäßiger Zyklus sind wichtige Hinweise.
Eine Basaltemperaturkurve kann helfen, den Eisprung sowie die Dauer der Lutealphase zu dokumentieren. Bei einem Progesteronmangel ist häufig kein adäquater Temperaturanstieg zu erkennen oder die Temperatur bleibt nur wenige Tage erhöht.
Die wichtigste laborchemische Untersuchung ist die Bestimmung des Serum-Progesteronspiegels etwa sieben Tage nach dem Eisprung. Bei einem typischen 28-Tage-Zyklus entspricht dies dem 21. Zyklustag. Werte unter 10 ng/ml gelten als Hinweis auf eine unzureichende Lutealphase. Da der Progesteronspiegel starken Schwankungen unterliegt, empfiehlt sich die Wiederholung der Messung in mindestens zwei bis drei Zyklen.
Eine ergänzende Ultraschalluntersuchung dient der Beurteilung der Follikelreifung und des Corpus luteum sowie der Schleimhautdicke. Eine unzureichend aufgebaute Schleimhaut (unter 7 mm) in der Lutealphase kann ebenfalls ein indirektes Zeichen für einen Progesteronmangel sein.
In ausgewählten Fällen kann eine hormonelle Zusatzdiagnostik erfolgen, z. B. zur Bestimmung von Prolaktin, TSH und freien Schilddrüsenhormonen, insbesondere wenn klinisch Hinweise auf eine hormonelle Dysregulation bestehen.
Differenzialdiagnosen
Ein Progesteronmangel ist nur eine von mehreren möglichen Ursachen für Zyklusstörungen oder Schwierigkeiten, schwanger zu werden. Daher ist es wichtig, bei der Diagnose auch andere medizinische Gründe in Betracht zu ziehen – sogenannte Differenzialdiagnosen.
Eine häufige Ursache ist die sogenannte Anovulation, also das Ausbleiben des Eisprungs. Besonders bei Frauen mit polyzystischem Ovarsyndrom (PCOS) kann der Eisprung unregelmäßig oder gar nicht stattfinden. In solchen Fällen kommt es oft auch zu einem relativen Progesteronmangel, weil ohne Eisprung kein Gelbkörper entsteht, der das Hormon bilden könnte.
Auch eine erhöhte Prolaktinkonzentration im Blut – bekannt als Hyperprolaktinämie – kann den Zyklus durcheinanderbringen. Prolaktin ist eigentlich für die Milchbildung nach der Geburt zuständig, kann aber bei Überproduktion den Eisprung unterdrücken und dadurch die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Funktion der Schilddrüse. Sowohl eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) als auch eine Überfunktion (Hyperthyreose) können das hormonelle Gleichgewicht stören und zu Zyklusunregelmäßigkeiten oder ausbleibender Ovulation führen.
Auch eine sogenannte ovarielle Insuffizienz – also eine eingeschränkte Funktion der Eierstöcke – kann zu einem Hormonmangel führen. Hierbei produzieren die Eierstöcke zu wenig Hormone oder stellen ihre Funktion zu früh ein, was ebenfalls die Fruchtbarkeit beeinflusst.
Neben hormonellen Ursachen sollte auch die Gebärmutter selbst untersucht werden. Fehlbildungen der Gebärmutter, Verwachsungen, Myome oder Defekte der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) können die Einnistung einer befruchteten Eizelle erschweren oder unmöglich machen.
Nicht zuletzt spielen auch psychosomatische Faktoren eine Rolle. Chronischer Stress, starke emotionale Belastung oder ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel können über komplexe hormonelle Regelkreise den Zyklus beeinflussen. Gerade bei sogenannten funktionellen Zyklusstörungen – also Störungen ohne organische Ursache – sollten diese Aspekte nicht außer Acht gelassen werden.
Eine gründliche gynäkologische und hormonelle Abklärung ist daher entscheidend, um die genaue Ursache von Zyklusproblemen oder ungewollter Kinderlosigkeit herauszufinden – und anschließend eine individuell passende Therapie einzuleiten.
Therapieoptionen bei Progesteronmangel
Die Behandlung eines Gelbkörperhormonmangels richtet sich nach der Ursache, dem klinischen Beschwerdebild und dem Kinderwunsch der Patientin. Konservative Maßnahmen umfassen die Reduktion von Stress, die Normalisierung des Körpergewichts, eine ausgewogene Ernährung und ggf. die Anpassung sportlicher Aktivitäten. Auch eine Optimierung der Schilddrüsenfunktion (Ziel-TSH bei Kinderwunsch meist <2,5 mIU/l) kann hilfreich sein.
Medikamentös kommt vor allem die Progesteronsubstitution zum Einsatz. Mikronisiertes Progesteron wird häufig vaginal (200–400 mg täglich) oder oral verabreicht, beginnend etwa ab dem Eisprung für eine Dauer von zehn bis vierzehn Tagen. Bei Eintritt einer Schwangerschaft kann die Therapie bis zur zwölften Schwangerschaftswoche fortgeführt werden. Bei Kinderwunsch kann eine Ovulationsinduktion mit Clomifen oder Letrozol zur Verbesserung der Follikelqualität beitragen, was sich positiv auf die Gelbkörperfunktion auswirkt. In der assistierten Reproduktion (z. B. IVF) ist die Lutealphasenunterstützung mit Progesteron Standard.
Gelbkörperhormonmangel und Kinderwunsch
Ein Gelbkörperhormonmangel kann den Kinderwunsch auf mehreren Ebenen beeinflussen. Bereits vor einer Schwangerschaft ist Progesteron für die Vorbereitung der Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung entscheidend. Eine unzureichende Umwandlung des Endometriums führt dazu, dass sich ein befruchtetes Ei nicht richtig einnisten kann oder die Einnistung frühzeitig scheitert. Dies geschieht oft unbemerkt, sodass der Zyklus wie gewohnt mit einer Menstruation endet, obwohl kurzzeitig eine Konzeption stattgefunden haben könnte.
Darüber hinaus ist in den ersten Wochen nach einer erfolgreichen Einnistung die Produktion von Progesteron durch den Gelbkörper entscheidend für das Fortbestehen der Schwangerschaft, bis die Plazenta die Hormonproduktion übernimmt. Bei unzureichenden Progesteronspiegeln in dieser frühen Phase kann es zu Fehlgeburten kommen. Besonders bei wiederholten frühen Aborten sollte daher eine Abklärung der Lutealfunktion erfolgen.
In der Kinderwunschbehandlung wird häufig bereits prophylaktisch eine Lutealphasenunterstützung mittels Progesterons verabreicht – sowohl bei Stimulationszyklen (z. B. mit Clomifen oder Letrozol), bei Inseminationen als auch im Rahmen von IVF/ICSI-Zyklen. Studien zeigen, dass eine adäquate Lutealphasenunterstützung die Schwangerschaftsrate erhöhen und das Risiko eines frühen Abgangs reduzieren kann.
Auch bei scheinbar regulären Zyklen kann ein versteckter Progesteronmangel vorliegen, der die Fruchtbarkeit beeinträchtigt. Deshalb ist bei ausbleibender Schwangerschaft trotz regelmäßigem Eisprung und unauffälligen Befunden eine gezielte Diagnostik der Lutealphase essenziell. Die Therapieoptionen – insbesondere die gezielte Progesterongabe in der zweiten Zyklushälfte – sind meist gut verträglich, kostengünstig und effektiv.
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