Wenn die Balance verloren geht – was Sie über Scheidenentzündungen wissen sollten
Fast jede Frau, oder Person mit Vagina, erlebt sie irgendwann im Laufe ihres Lebens: Jucken, Brennen, ein unangenehmes Ziehen oder ein veränderter Ausfluss – all das können Anzeichen einer Scheidenentzündung (Kolpitis) sein.
So unangenehm diese Beschwerden auch sind, sie sind meist gut behandelbar. Wichtig ist, dass Sie wissen, was dahinterstecken kann, wie Sie richtig reagieren und wann ein Besuch in der gynäkologischen Praxis sinnvoll ist.
In diesem Beitrag möchten wir Ihnen erklären, was bei einer Scheidenentzündung passiert, welche Ursachen es gibt, wie Sie die Symptome erkennen – und wie Sie Ihre Scheidenflora wieder ins Gleichgewicht bringen können.
Was ist eine Scheidenentzündung überhaupt?
Unter einer Scheidenentzündung (medizinisch: Vaginitis oder Kolpitis) versteht man eine Entzündung der Schleimhaut in der Vagina. Die Vaginalschleimhaut ist normalerweise von einer Vielzahl „guter“ Bakterien, vor allem Milchsäurebakterien (Laktobazillen), besiedelt. Diese bilden eine Art natürlichen Schutzschild: Sie halten den pH-Wert sauer (etwa zwischen 3,8 und 4,5) und verhindern so, dass sich krankmachende Keime ausbreiten können.
Gerät dieses empfindliche Gleichgewicht aus der Balance, haben Pilze, Bakterien oder andere Erreger leichtes Spiel. Aber nicht nur Infektionen, auch hormonelle Veränderungen, Reizungen oder Allergien können die Schleimhaut reizen und Entzündungen auslösen.
Wie entsteht eine Scheidenentzündung?
Es gibt viele verschiedene Ursachen – und manchmal spielen sogar mehrere Faktoren gleichzeitig zusammen. Besonders häufig entstehen Scheidenentzündungen durch ein Ungleichgewicht der Vaginalflora, also wenn die schützenden Milchsäurebakterien geschwächt werden. Das kann zum Beispiel passieren, wenn Sie Antibiotika einnehmen, die nicht nur krankmachende, sondern auch nützliche Bakterien zerstören.
Auch hormonelle Veränderungen – etwa in den Wechseljahren, während der Schwangerschaft oder beim Absetzen der Pille – können die Schleimhaut anfälliger machen.
Ein weiterer häufiger Grund sind Infektionen. Hierbei unterscheiden Ärztinnen und Ärzte zwischen verschiedenen Erregern:
- Pilze, meist Candida albicans, führen zu starkem Juckreiz und einem weißlich-bröckeligen Ausfluss.
- Bakterien, insbesondere bei einer bakteriellen Vaginose, verursachen eher einen dünnflüssigen, fischig riechenden Ausfluss.
- Trichomonaden, eine sexuell übertragbare Infektion, machen sich oft durch gelb-grünlichen, schaumigen Ausfluss bemerkbar.
Daneben gibt es nicht-infektiöse Ursachen. Manche Frauen reagieren empfindlich auf Duschgels, Intimsprays oder Waschmittelrückstände in der Unterwäsche. Auch zu enge Kleidung oder häufige Intimrasur können die Haut reizen. Und nicht zuletzt kann ein Hormonmangel, etwa nach den Wechseljahren, dazu führen, dass die Vaginalschleimhaut dünner und verletzlicher wird – Medizinerinnen sprechen dann von einer atrophischen Vaginitis.
Woran Sie eine Scheidenentzündung erkennen
Typische Anzeichen sind Jucken, Brennen oder ein unangenehmes Druckgefühl im Intimbereich. Viele Betroffene berichten auch von Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Geschlechtsverkehr. Häufig verändert sich der Ausfluss: Farbe, Konsistenz und Geruch können Hinweise auf die Art der Entzündung geben.
Ein weißlich-bröckeliger Ausfluss spricht häufig für eine Pilzinfektion, während ein dünner, grau-weißer und unangenehm riechender Ausfluss auf eine bakterielle Ursache hinweist. Bei Trichomonaden wird der Ausfluss oft gelb-grünlich und schaumig. Begleitend kann es zu leichten Blutungen oder einer Rötung und Schwellung der Schamlippen kommen.
Natürlich muss nicht jedes dieser Symptome sofort auf eine Scheidenentzündung hindeuten. Auch eine allergische Reaktion oder eine harmlose Reizung können ähnliche Beschwerden verursachen. Trotzdem sollten Sie die Symptome ernst nehmen – besonders, wenn sie wiederholt auftreten oder sich nicht innerhalb weniger Tage bessern.
Warum der Gang zur Gynäkologin so wichtig ist
Viele Betroffene zögern, mit Intimbeschwerden zum Arzt zu gehen. Das Thema ist sensibel, manchmal auch schambehaftet. Doch eine gynäkologische Untersuchung ist entscheidend, um die genaue Ursache zu erkennen. Die Symptome verschiedener Vaginalinfektionen ähneln sich stark, und nur durch einen Abstrich kann festgestellt werden, welche Erreger tatsächlich beteiligt sind.
Ihre Frauenärztin oder Ihr Frauenarzt wird in der Regel zunächst eine Anamnese durchführen – also Fragen zu Ihren Beschwerden, Ihrem Zyklus, möglichen Medikamenten oder Sexualverhalten stellen. Danach folgt eine Untersuchung mit einem Spekulum, bei der die Schleimhaut beurteilt und ein Abstrich entnommen wird. Unter dem Mikroskop lässt sich meist schnell erkennen, ob Pilze, Bakterien oder andere Erreger die Entzündung verursachen. Auch der pH-Wert der Vagina wird häufig überprüft, da ein erhöhter Wert auf eine bakterielle Infektion hindeuten kann.
Diese genaue Diagnose ist wichtig, damit Sie gezielt behandelt werden können. Denn jede Form der Vaginitis braucht eine andere Therapie – und eine falsche Selbstbehandlung kann das Problem sogar verschlimmern.
Behandlung: So kommt Ihre Scheide wieder ins Gleichgewicht
Die gute Nachricht: Eine Scheidenentzündung lässt sich in der Regel gut behandeln. Welche Therapie Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wählt, hängt davon ab, was die Entzündung ausgelöst hat.
Bei einer Pilzinfektion kommen meist Antimykotika (also pilzhemmende Mittel) zum Einsatz. Diese gibt es als Vaginalzäpfchen, Cremes oder Tabletten, oft mit dem Wirkstoff Clotrimazol oder Nystatin. Bei bakterieller Vaginose werden Antibiotika verschrieben, meist in Form einer Vaginalcreme oder Tablette mit Metronidazol oder Clindamycin. Bei Trichomonaden ist eine Tablettentherapie notwendig, die oft auch den Partner einbezieht, um eine gegenseitige Ansteckung zu verhindern.
Wenn hormonelle Veränderungen der Auslöser sind – etwa in den Wechseljahren – kann eine Östrogencreme oder ein Vaginalzäpfchen mit niedrig dosierten Hormonen helfen, die Schleimhaut zu regenerieren. Bei Reizungen oder Allergien genügt es oft, den Auslöser zu vermeiden und die Schleimhaut mit milden, pflegenden Produkten zu unterstützen.
Was Sie selbst tun können
Neben der medizinischen Behandlung können Sie selbst viel tun, um die Heilung zu fördern und erneuten Entzündungen vorzubeugen. Besonders wichtig ist es, Ihre Vaginalflora zu stärken. Präparate mit Milchsäurebakterien – als Zäpfchen oder Kapseln – können helfen, das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen.
Achten Sie außerdem auf atmungsaktive Kleidung. Baumwollunterwäsche und luftige Hosen verhindern, dass sich Wärme und Feuchtigkeit stauen – beides begünstigt das Wachstum von Keimen. Wechseln Sie Ihre Unterwäsche täglich und waschen Sie sie möglichst bei 60 Grad.
Bei der Intimhygiene gilt: Weniger ist mehr. Verwenden Sie keine parfümierten Duschgels oder Intimsprays, und verzichten Sie auf sogenannte Vaginalspülungen. Diese können die schützenden Milchsäurebakterien ausspülen und den pH-Wert stören. Klare, lauwarme Wasserreinigung oder spezielle pH-neutrale Intimwaschlotionen reichen völlig aus.
Auch Hausmittel können wohltuend sein, solange sie sanft angewendet werden: Ein Sitzbad mit Kamille oder Eichenrinde wirkt entzündungshemmend und beruhigt gereizte Schleimhäute. Klären Sie dies aber auch vorher mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt ab.
Wichtig ist jedoch, dass Sie bei anhaltenden oder starken Beschwerden nicht allein auf Hausmittel setzen, sondern eine ärztliche Abklärung vornehmen lassen.
Häufige Irrtümer – und was wirklich stimmt
Rund um das Thema Scheidenentzündung kursieren viele Mythen. Einige davon können sogar schaden, wenn man sich danach richtet.
- „Je mehr man wäscht, desto besser.“
Das Gegenteil ist der Fall: Übertriebene Hygiene zerstört die natürliche Schutzflora. Einmal täglich mit klarem Wasser reicht völlig aus. - „Man erkennt selbst, welche Infektion es ist.“
Leider nein. Die Symptome ähneln sich stark – eine sichere Unterscheidung ist nur durch Untersuchung und Abstrich möglich. - „Mein Partner muss nicht behandelt werden.“
Bei manchen Infektionen, vor allem Trichomonaden, ist eine Partnerbehandlung notwendig, um Ping-Pong-Infektionen zu vermeiden. - „Hausmittel wie Knoblauch oder Essig helfen.“
Diese vermeintlichen Naturheilmittel können die empfindliche Schleimhaut reizen oder sogar verletzen. Bitte greifen Sie lieber zu erprobten medizinischen Präparaten.
Wann Sie unbedingt ärztliche Hilfe suchen sollten
Zwar sind viele Scheidenentzündungen harmlos und gut behandelbar, doch manchmal können sie auf ernstere Ursachen hinweisen. Suchen Sie Ihre Frauenärztin oder Ihren Frauenarzt auf, wenn:
- die Beschwerden stark oder wiederkehrend sind,
- der Ausfluss blutig, grünlich oder übel riechend ist,
- Sie zusätzlich Fieber, Unterleibsschmerzen oder ein allgemeines Krankheitsgefühl haben,
- Sie schwanger sind,
- oder Sie sich unsicher sind, ob es sich um eine Infektion handelt.
Gerade in der Schwangerschaft ist eine frühzeitige Behandlung besonders wichtig, weil unbehandelte Infektionen Komplikationen verursachen können.
Hören Sie auf Ihren Körper
Eine Scheidenentzündung ist nichts, wofür Sie sich schämen müssten – sie betrifft viele Menschen, unabhängig von Alter oder Lebensstil. Wichtig ist, dass Sie auf die Signale Ihres Körpers achten und sich rechtzeitig Hilfe holen. Eine frühzeitige, gezielte Behandlung verhindert, dass sich Beschwerden verschlimmern oder chronisch werden. Gleichzeitig können Sie mit einfachen Maßnahmen viel dazu beitragen, dass Ihre Vaginalflora gesund bleibt: durch sanfte Pflege, passende Kleidung, ausgewogene Ernährung und den bewussten Umgang mit Antibiotika.
Wenn Sie also das nächste Mal ein Brennen oder Jucken verspüren, nehmen Sie Ihren Körper ernst. Er zeigt Ihnen, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist – und mit der richtigen Unterstützung kann dieses Gleichgewicht schnell wiederhergestellt werden.
Scheidenentzündung abklären lassen
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