Die Schwangerschaft ist eine besondere Zeit, in der die Gesundheit von Mutter und Kind oberste Priorität hat. Viele werdende Mütter sind sensibilisiert für Themen wie Ernährung, Infektionen und Vorsorgeuntersuchungen. Eine Infektion, die dabei oft in den Hintergrund rückt, aber erhebliche Auswirkungen auf das ungeborene Kind haben kann, ist die Toxoplasmose – eine Infektionskrankheit, ausgelöst durch Parasiten.
Hier erfahren Sie alles Wissenswerte über diese Erkrankung, wie sie übertragen wird, welche Risiken bestehen und wie Sie sich während der Schwangerschaft effektiv davor schützen können.
Was ist Toxoplasmose?
Toxoplasmose ist eine Infektionskrankheit, die durch den Parasiten Toxoplasma gondii verursacht wird. Dieser einzellige Erreger ist weltweit verbreitet und kann Menschen ebenso wie Tiere infizieren. Während die Infektion bei den meisten gesunden Menschen symptomlos oder nur mit milden Beschwerden verläuft, stellt sie in der Schwangerschaft ein erhebliches Risiko für das ungeborene Kind dar – insbesondere, wenn sich die werdende Mutter zum ersten Mal mit dem Erreger infiziert.
Der Parasit hat einen komplexen Lebenszyklus. Endwirte sind ausschließlich Tiere aus der Familie der Katzen (Felidae), da nur sie die sogenannten Oozysten mit dem Kot ausscheiden können. Diese Oozysten sind in feuchter Umgebung wochenlang infektiös und gelangen über verschiedene Wege in den menschlichen Organismus.
Toxoplasmose Übertragung
Die Ansteckung mit Toxoplasmose erfolgt hauptsächlich über drei Wege:
- Verzehr kontaminierter Lebensmittel
Rohes oder ungenügend gegartes Fleisch – insbesondere von Schwein, Lamm oder Wild – kann Gewebezysten mit dem Parasiten enthalten. Auch kontaminiertes Obst und Gemüse, das mit Erde in Kontakt gekommen ist, stellt ein Risiko dar, wenn es nicht gründlich gewaschen wurde. - Kontakt mit Katzen oder deren Ausscheidungen
Katzen, insbesondere Freigänger, können Oozysten mit dem Kot ausscheiden, wenn sie sich zuvor mit dem Parasiten infiziert haben. Bei der Reinigung der Katzentoilette oder bei der Gartenarbeit ohne Handschuhe kann es zur Aufnahme der Erreger kommen. - Infektion über die Plazenta (vertikale Transmission)
Wenn sich eine seronegative Frau während der Schwangerschaft zum ersten Mal mit Toxoplasma gondiiinfiziert, kann der Erreger über die Plazenta auf das ungeborene Kind übertragen werden. Die sogenannte konnatale Toxoplasmose kann schwere Schäden beim Fötus verursachen.
Wie häufig ist Toxoplasmose?
Die Durchseuchungsrate – also der Anteil der Bevölkerung, der Antikörper gegen Toxoplasmose aufweist – liegt in Mitteleuropa bei etwa 30–50 %. In Österreich sind laut Studien rund ein Drittel aller Frauen im gebärfähigen Alter seropositiv, haben also bereits eine Infektion durchgemacht und sind damit in der Regel immun. Die übrigen zwei Drittel (seronegativ) können sich während der Schwangerschaft erstmals infizieren – sie tragen das größte Risiko.
Toxoplasmose Symptome
In den meisten Fällen verläuft eine Toxoplasmose-Infektion bei gesunden Erwachsenen unbemerkt. Wenn Toxoplasmose Symptome auftreten, ähneln sie meist einer leichten Grippe:
- Müdigkeit
- Muskelschmerzen
- leichtes Fieber
- geschwollene Lymphknoten (v. a. im Halsbereich)
Da die Symptome unspezifisch sind, bleibt die Infektion oft unerkannt – was in der Schwangerschaft problematisch sein kann, wenn die Infektion nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt wird.
Warum ist Toxoplasmose in der Schwangerschaft so gefährlich?
Die Gefährdung des Kindes ist abhängig vom Zeitpunkt der Infektion:
- Erstes Trimester: Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung auf den Fötus ist am niedrigsten (5–15 %), doch die Schäden können besonders schwerwiegend sein (z. B. Fehlbildungen, Fehlgeburt).
- Zweites Trimester: Die Übertragungsrate steigt (20–30 %), ebenso das Risiko für neurologische Schäden.
- Drittes Trimester: Die Übertragungswahrscheinlichkeit ist mit bis zu 60 % am höchsten, jedoch treten Komplikationen seltener auf und sind oft milder oder verzögert erkennbar (z. B. Sehstörungen, Lernschwierigkeiten im späteren Leben).
Mögliche Folgen der kongenitalen Toxoplasmose
Die Schwere und Art der möglichen Komplikationen bei einer kongenitalen (angeborenen) Toxoplasmose hängen maßgeblich vom Zeitpunkt der Infektion in der Schwangerschaft ab. Infiziert sich die werdende Mutter in einem frühen Stadium der Schwangerschaft, ist das Risiko für eine schwere kindliche Schädigung höher, auch wenn die Übertragungswahrscheinlichkeit insgesamt geringer ist. Eine Infektion im späteren Verlauf der Schwangerschaft wird häufiger übertragen, ist jedoch oft mit milderen Symptomen verbunden. Die Bandbreite möglicher Folgen ist groß:
- Fehlgeburt oder Totgeburt: Eine Infektion in der Frühschwangerschaft kann zu einem intrauterinen Fruchttod führen. In diesen Fällen endet die Schwangerschaft entweder spontan oder es kommt zu einer Totgeburt.
- Wachstumsverzögerung (intrauterine Wachstumsretardierung): Bereits im Mutterleib kann es zu einer verlangsamten Entwicklung des Kindes kommen. Diese Kinder sind bei der Geburt oft kleiner und leichter als altersentsprechend zu erwarten wäre.
- ZNS-Schädigungen und Hydrocephalus: Der Erreger Toxoplasma gondii befällt bevorzugt das zentrale Nervensystem. Dabei kann es zu einer Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) sowie zu einem Hydrocephalus (Wasserkopf) kommen – einer krankhaften Erweiterung der Hirnventrikel aufgrund von gestörter Zirkulation des Liquors (Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit). Dies kann den Hirndruck erhöhen und zu bleibenden Schäden führen.
- Krampfanfälle: Entzündungsbedingte Hirnschäden oder strukturelle Veränderungen infolge der Infektion können epileptische Anfälle verursachen. Diese können bereits im Säuglingsalter auftreten oder sich im Verlauf der ersten Lebensjahre entwickeln.
- Chorioretinitis: Eine typische Spätkomplikation der kongenitalen Toxoplasmose ist die Chorioretinitis – eine Entzündung der Netzhaut (Retina) und der Aderhaut (Choroidea) im Auge. Sie tritt häufig beidseitig auf und kann zu bleibenden Sehbeeinträchtigungen oder gar zur Erblindung führen. In vielen Fällen entwickelt sich die Chorioretinitis schleichend und bleibt zunächst unbemerkt.
- Geistige Entwicklungsverzögerungen und neurologische Defizite: Kinder mit schwerer kongenitaler Toxoplasmose können geistige und motorische Entwicklungsstörungen zeigen. Diese reichen von leichten Konzentrations- und Lernproblemen bis hin zu schwerer geistiger Behinderung. Auch Störungen der Sprachentwicklung und der Koordination sind möglich.
- Hörstörungen: Seltener, aber ebenfalls möglich sind sensorineurale Hörverluste, die auf eine Beteiligung des Innenohrs oder des Hörnervs zurückzuführen sind.
Ein bedeutsamer Aspekt der kongenitalen Toxoplasmose ist, dass viele betroffene Kinder bei der Geburt zunächst symptomfrei erscheinen. Erst im weiteren Verlauf – oft Monate oder Jahre später – zeigen sich klinische Auffälligkeiten. Diese Spätfolgen können unter anderem in Form von:
- schleichender Sehverschlechterung (durch reaktivierte Chorioretinitis),
- verzögerter geistiger oder motorischer Entwicklung,
- oder dem Auftreten epileptischer Anfälle
in Erscheinung treten. Deshalb ist eine frühzeitige Diagnose und eine engmaschige, oft interdisziplinäre Nachbetreuung betroffener Kinder essenziell. Auch eine lang andauernde medikamentöse Therapie im ersten Lebensjahr kann helfen, das Risiko schwerwiegender Spätfolgen zu reduzieren.
Diagnose: Wie wird Toxoplasmose festgestellt?
In Österreich ist die Toxoplasmose-Testung Teil des Mutter-Kind-Pass-Programms, wenn die Schwangere bei der ersten Untersuchung noch keinen Immunschutz (seronegativ) aufweist. In diesem Fall erfolgen regelmäßige Kontrolltests während der Schwangerschaft.
Serologische Tests
Durch einen Bluttest werden folgende Antikörper nachgewiesen:
- IgG-Antikörper: Hinweis auf eine durchgemachte Infektion – bedeutet meist lebenslange Immunität.
- IgM-Antikörper: Hinweis auf eine frische oder kürzlich durchgemachte Infektion.
IgG-Aviditätstest
Ist IgM positiv, kann ein Aviditätstest die „Bindungsstärke“ der IgG-Antikörper bestimmen und so helfen, den Infektionszeitpunkt einzugrenzen. Eine hohe Avidität spricht gegen eine aktuelle Infektion, was eine große Erleichterung in der Schwangerschaft darstellen kann.
Weitere Diagnostik
Bei Verdacht auf eine fetale Infektion:
- Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) mit PCR auf Toxoplasma gondii.
- Ultraschalluntersuchungen zur Beurteilung möglicher Schädigungen (z. B. Hirnstruktur, Leber, Milz, Plazenta).
Toxoplasmose Behandlung in der Schwangerschaft
Die Behandlung hängt vom Zeitpunkt und der Art der Infektion ab:
Ohne fetalen Nachweis
Wenn eine Erstinfektion im frühen Schwangerschaftsverlauf diagnostiziert wird, wird zunächst mit Spiramycinbehandelt. Dieses Antibiotikum kann die Übertragung auf das Kind verhindern, erreicht aber den Fötus nicht direkt.
Mit fetalem Nachweis
Wird der Parasit beim Kind nachgewiesen oder sind im Ultraschall Auffälligkeiten sichtbar, erfolgt die Therapie mit einer Kombination aus:
- Pyrimethamin
- Sulfadiazin
- Folsäure (Folinat) zur Minderung der Nebenwirkungen
Diese Therapie bekämpft die Infektion direkt beim Fötus und wird meist über mehrere Wochen fortgeführt.
Therapie beim Kind
Kinder mit kongenitaler Toxoplasmose werden häufig über ein Jahr hinweg mit denselben Medikamenten behandelt (in kindgerechter Dosierung), um Spätschäden zu vermeiden. Die Betreuung erfolgt interdisziplinär, oft durch Kinderärzt:innen, Neurolog:innen und Augenärzt:innen.
Wie kann man sich in der Schwangerschaft vor Toxoplasmose schützen?
Für seronegative Schwangere ist Prävention entscheidend. Mit einigen einfachen, aber konsequenten Maßnahmen lässt sich das Risiko einer Infektion deutlich reduzieren:
Ernährung & Lebensmittelhygiene
- Kein rohes oder halbgares Fleisch essen (auch kein Carpaccio, Mett, Tatar, Salami oder roher Schinken).
- Fleisch immer gut durchgaren (Kerntemperatur > 70 °C für mindestens 2 Minuten).
- Rohmilchprodukte vermeiden, sofern nicht pasteurisiert.
- Obst, Gemüse und Kräuter gründlich waschen – am besten schälen.
- Küchenutensilien und Hände nach dem Kontakt mit rohem Fleisch gründlich reinigen.
Umgang mit Katzen
- Katzentoilette möglichst von anderen Haushaltsmitgliedern reinigen lassen.
- Wenn nötig: tägliche Reinigung mit Handschuhen und gründliches Händewaschen.
- Freigänger-Katzen vom Füttern von rohem Fleisch ausschließen.
- Kein neues Katzenjunges in den Haushalt holen (Jungtiere scheiden häufiger Oozysten aus).
Gartenarbeit & Naturkontakt
- Beim Gärtnern oder Kontakt mit Erde immer Handschuhe tragen.
- Nach Kontakt mit Erde oder Sand (z. B. Spielplatz) Hände sorgfältig waschen.
Reisen & besondere Vorsicht
- In südlicheren Ländern ist das Infektionsrisiko höher – dort besonders auf Lebensmittelhygiene achten.
- Kein Trinkwasser aus unbekannten Quellen konsumieren.
Sollte jede Frau auf Toxoplasmose getestet werden?
In Österreich, Deutschland und der Schweiz ist das Screening Teil der Schwangerschaftsvorsorge – aber nur dann kostenlos, wenn ein Risiko besteht oder die Frau seronegativ ist. Viele Frauen wissen gar nicht, ob sie immun sind oder nicht. Daher empfiehlt es sich, den Antikörpertiter frühzeitig in der Schwangerschaft (idealerweise vor der 16. SSW) bestimmen zu lassen.
Wissen schützt – vor allem das ungeborene Kind
Toxoplasmose ist eine potenziell gefährliche Infektion in der Schwangerschaft, die jedoch durch Vorsorge, Aufmerksamkeit und hygienische Maßnahmen gut beherrschbar ist. Ein einfacher Bluttest zu Beginn der Schwangerschaft bringt Klarheit über die eigene Immunität. Wer nicht immun ist, sollte die empfohlenen Schutzmaßnahmen ernst nehmen und sich regelmäßig testen lassen. Bei frühzeitiger Diagnose und angemessener Therapie ist die Prognose für Mutter und Kind heute in den allermeisten Fällen sehr gut.
Toxoplasmose Wien
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