Beckenboden Therapie & Diagnose

Um den Zustand des Beckenbodens optimal zu erfassen, stehen verschiedene Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Die Diagnose eines erfahrenen Beckenboden Spezialist ist dabei von entscheidender Bedeutung. Nur so können die Hauptbeschwerden der Patientin identifiziert und eine optimale Beckenbodentherapie eingeleitet werden. .

 

Beckenboden Diagnostiken:

Die Diagnostik des Beckenbodens lässt sich grob in drei Hauptbereiche unterteilen:

  1. Basisdiagnostik
  2. Erweiterte Basisdiagnostik
  3. Spezialdiagnostik

Prof. Dr. Bodner-Adler

Beckenbodenspezialist in Wien

 

Beckenboden Basisdiagnostik

Die Basisdiagnostik kann in der Regel ambulant durchgeführt werden und beinhaltet:

  • Eine ausführliche Anamnese
  • Klinische Untersuchungen
  • Harnanalysen
  • Bestimmung des Restharns
  • Aushändigung eines Miktionstagebuchs.

Die Anamnese ist ein grundlegender Schritt im diagnostischen Prozess. Hierbei erfolgt eine allgemeine und symptombezogene Befragung, die die Basis des Gesprächs bildet. Im Rahmen der symptombezogenen Anamnese wird aktiv nach Symptomen in allen Kompartimenten des Beckenbodens gefragt, einschließlich einer Sexualanamnese. Zur Unterstützung dieses Prozesses werden validierte Fragebögen verwendet, darunter der deutsche Beckenboden-Fragebogen, der ICI-Q FB sowie der Kings FB, die in der Urogynäkologie im deutschsprachigen Raum häufig zum Einsatz kommen.

Ein weiteres wichtiges Instrument ist das Miktionstagebuch, das dem Patienten ausgehändigt wird, um eine genaue Erfassung des durchschnittlichen Miktionsvolumens und der Häufigkeit während des Tages und der Nacht zu ermöglichen.

Die Messung des Restharns erfolgt idealerweise sonografisch, um das Blasenvolumen genau zu berechnen. Im Detail:

Der Begriff „Restharn“ bezieht sich auf die verbleibende Harnmenge in der Blase nach einer normalen Miktion. Leider sind die Angaben zur Höhe eines tolerablen Restharns nach wie vor uneinheitlich und wenig standardisiert, ebenso wie die schwache Definition der Grenzwerte. Eine Restharn-Menge von weniger als 50 ml wird jedoch als normal eingestuft, während Werte zwischen 200 und 300 ml auf eine inadäquate Blasenentleerung hindeuten. Die Messung des Restharns mittels Einmalkatheter gilt zwar als Goldstandard, birgt jedoch geringen Patientenkomfort und ein höheres Risiko für Harnwegsinfektionen und Traumata. Als vielversprechende Alternative dient die sonografische Restharn-Messung mittels Real-Time-Sonografie, bei der das Blasenvolumen berechnet wird.

 

Erweiterte Diagnostik

Sollte die Basisdiagnostik nicht ausreichen, wird eine erweiterte Diagnostik empfohlen, die auch in spezialisierten Ambulanzen durchgeführt werden kann.

Hierzu gehören:

  • Klinische Untersuchungen (Inspektion, Palpation, Vaginalsonografie)
  • POP-Q-Dokumentation (Pelvic Organ Prolapse – Quantification System)
  • Inspektion auf Atrophie, Infektion, Deszensus, Urethraldivertikel
  • Bimanuelle Palpation & Beckenbodenpalpation
  • Rektovaginale Untersuchung
  • Beckenboden-Sonografie
  • Klinischer Stresstest

 

Im Detail:

Inspektion, Palpation, Vaginalsonografie: Die klinische Untersuchung ist ein Schlüsselelement, das verschiedene Techniken umfasst, um eine umfassende Beurteilung des Beckenbodens vorzunehmen. Die Inspektion ermöglicht die visuelle Überprüfung auf Auffälligkeiten wie Atrophie, Infektionen oder Deszensus. Die Palpation, durchgeführt manuell durch den Spezialisten, erlaubt eine tiefere Beurteilung der Muskulatur und Gewebe im Beckenboden. Die Vaginalsonografie ist eine bildgebende Technik, die es ermöglicht, die inneren Strukturen, wie die Lage der Organe und den Zustand des Gewebes, genauer zu untersuchen.

Evaluierung aller 3 Kompartimente: POP-Q-Dokumentation. Die Pelvic Organ Prolapse–Quantification System (POP-Q) ist ein standardisiertes Instrument zur Bewertung von Prolapsen der Organe im Becken. Es ermöglicht eine genaue Quantifizierung und Klassifizierung von Verlagerungen der Gebärmutter, der Blase und des Darms. Diese Evaluierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Feststellung des Schweregrads von Beckenorganprolapsen.

Atrophie, Infektion, Deszensus, Urethraldivertikel: Die Inspektion konzentriert sich auf visuelle Hinweise auf verschiedene Beckenbodenprobleme. Atrophie kann auf einen lokalisierten Östrogenmangel hindeuten, während Anzeichen von Infektionen, Deszensus (Senkung) und Urethraldivertikeln wichtige diagnostische Informationen liefern.

Bimanuelle Palpation & Beckenbodenpalpation: Oxford-Scale, PERFECT-Schema, Palpation einer Levatoravulsion. Die bimanuelle Palpation beinhaltet die manuelle Untersuchung des Beckenbodens durch den Beckenboden-Spezialisten. Dabei kommen Skalen wie die Oxford-Scale und das PERFECT-Schema zum Einsatz, um die Muskulatur zu bewerten. Die Palpation einer Levatoravulsion ermöglicht die Feststellung von Verletzungen oder Ausdehnungen des Levatormuskels.

Rektovaginale Untersuchung: Rektozele DD Enterozele. Die rektovaginale Untersuchung fokussiert auf den Anorektalbereich und ermöglicht die Identifizierung von Problemen wie Rektozele (Ausbuchtung der Rektumvorderwand) und die differenzierte Diagnose einer Enterozele (Eingeweidevorfall).

Beckenboden-Sonografie: Perineal- und/oder Introitussonografie. Die Beckenboden-Sonografie nutzt Ultraschallwellen, um detaillierte Bilder der Beckenorgane und -strukturen zu generieren. Die Perineal- und Introitussonografie konzentrieren sich auf den äußeren Beckenbodenbereich und den Vaginalzugang, um etwaige Anomalien oder Funktionsstörungen zu erkennen.

Klinischer Stresstest: Auffüllung der Harnblase, Husteninduzierte Harnentleerung. Der klinische Stresstest beinhaltet die Auffüllung der Harnblase mit einer spezifischen Menge an Flüssigkeit und das anschließende Husten der Patientin im Liegen und Stehen. Ein hustensynchroner Harnaustritt dient als klinischer Nachweis einer Belastungsinkontinenz. Die Ergebnisse können variieren, von negativ über tröpfchenweises bis hin zu einem positiven, stärkeren Harnaustritt.

Diese detaillierten Untersuchungsmethoden ermöglichen es dem Beckenboden Spezialisten, eine präzise Diagnose zu stellen und die Grundlage für eine zielgerichtete Therapie zu schaffen. Der Fokus liegt auf einer ganzheitlichen Bewertung, um eine umfassende Betreuung und individuell angepasste Therapiepläne zu gewährleisten.

 

Spezialdiagnostik

Für komplexe Fälle oder wenn die Basisdiagnostik nicht ausreicht, wird eine Spezialdiagnostik in einem spezialisierten Beckenboden-Zentrum oder einer urogynäkologischen Ambulanz empfohlen.

Hierzu gehören:

  • Urodynamik
  • Zystoskopie
  • Perineal- und Introitussonografie

Die Urodynamik umfasst invasive und nichtinvasive Messungen, einschließlich der invasiven Zystometrie, nichtinvasiven Uroflowmetrie, Urethradruckprofil und Videourodynamik. Im Rahmen einer Mehrkanal-Urodynamik („großen Urodynamik) werden mittels intrarektaler sowie intravesikaler Sonde komplexe Blasen- u. Urethrüfunktionen gemessen (+/- Urethraprofil und EMG).

Die Zystoskopie-Füllzystometrie ist die Kombination einer Füllzystometrie sowie Zystoskopie und ermöglicht die gleichzeitige Visualisierung der Harnblase. Mittels der Uroflowmetrie kann die maximale Harnflussrate bestimmt werden und die Art der Blasenentleerung beurteilt werden.

Es ist wichtig zu betonen, dass eine urodynamische Untersuchung nur dann sinnvoll ist, wenn sie zu therapeutischen Konsequenzen führt.

Univ.-Prof. Dr. Barbara Bodner-Adlerist in Wien Beckenboden-Spezialist, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Leiterin der Ambulanz für Urogynäkologie und Beckenbodenchirurgie an der Universitätsfrauenklinik Wien. Zu dem Thema der Beckenboden Diagnostik und Beckenbodentherapie veröffentlichte Sie bereits einen Artikel in der MedMedia, GYN-AKTIV 4/22.

 

Beckenbodentherapie:

Nach gestellter Diagnose im Rahmen einer Beckenbodenuntersuchung und durch einen Beckenboden Spezialist, wird eine individuell angepasste Beckenbodentherapie eingeleitet. Die genaue Ausgestaltung der Therapie hängt von der Art der Diagnose, den identifizierten Problemen und den Bedürfnissen des Patienten ab.

Möglichkeiten einer Beckenbodentherapie sind:

  1. Entwicklung eines Therapieplans: Der Beckenboden Spezialist erstellt einen maßgeschneiderten Therapieplan, der auf der diagnostizierten Problematik, dem Schweregrad der Beschwerden und den individuellen Therapiezielen basiert. Dieser Plan kann verschiedene therapeutische Ansätze umfassen.
  2. Physiotherapeutische Übungen: Kernbestandteil der Beckenbodentherapie sind spezielle physiotherapeutische Übungen. Diese zielen darauf ab, die Kraft, Koordination und Flexibilität der Beckenbodenmuskulatur zu verbessern. Patienten erlernen gezielte Übungen, die regelmäßig zu Hause durchgeführt werden können.
  3. Biofeedback und Elektrostimulation: Moderne Technologien wie Biofeedback und Elektrostimulation können integraler Bestandteil der Therapie sein. Biofeedback ermöglicht es dem Patienten, die Aktivität seiner Beckenbodenmuskulatur zu überwachen und zu kontrollieren. Die Elektrostimulation kann dazu beitragen, die Muskelaktivität zu fördern.
  4. Manuelle Therapie: Der Therapeut kann manuelle Techniken wie Massage, Triggerpunkttherapie und Myofasziale Release-Techniken anwenden, um Spannungen zu lösen und die Durchblutung im Beckenbodenbereich zu verbessern.
  5. Verhaltenstherapie: Bei psychosozialen Komponenten der Beckenbodenproblematik kann Verhaltenstherapie eine wichtige Rolle spielen. Der Patient erhält Unterstützung bei der Bewältigung von Stress und emotionalen Belastungen.
  6. Ernährungsberatung: Eine ausgewogene Ernährung kann einen positiven Einfluss auf die Gesundheit des Beckenbodens haben. Die Ernährungsberatung kann daher Empfehlungen geben, um Entzündungen zu reduzieren und die allgemeine Gesundheit zu fördern.
  7. Kontinuierliche Überwachung und Anpassung: Die Therapie erfordert eine kontinuierliche Überwachung und Anpassung. Der Fortschritt wird regelmäßig bewertet und der Therapieplan wird entsprechend angepasst.
  8. Integration in den Alltag: Es wird angeleitet, die erlernten Techniken und Übungen im Alltag zu integrieren. Dies unterstützt eine langfristige Wirkung der Therapie und fördert die Selbstverantwortung.
  9. Interdisziplinäre Zusammenarbeit: In einigen Fällen kann eine Zusammenarbeit mit anderen Fachärzten notwendig sein. Dies gewährleistet eine umfassende Betreuung mit maßgeschneidertem Therapieplan.
  10. Kontinuierliche Unterstützung: Die Beckenbodentherapie erfordert oft Zeit und Engagement. Der Therapeut bietet kontinuierliche Unterstützung und Motivation, um sicherzustellen, dass der Therapieplan konsequent umgesetzt wird und eine Verbesserung gewährleistet ist.

Die Beckenbodentherapie zielt darauf ab, die Lebensqualität zu verbessern und die Funktionalität des Beckenbodens zu optimieren. Durch eine individuell angepasste Therapie können viele Beckenbodenprobleme effektiv behandelt und gelindert werden. Voraussetzung ist eine vorherige Abklärung durch einen Beckenboden Spezialist.

 

Wien: Beckenboden-Spezialist Termin

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