Viele kennen den Unterschied nicht — Warum das wichtig ist
Viele Frauen kennen den Unterschied zwischen Vulva und Vagina nicht. Sie wissen zudem oft nicht, wo sich ihre Klitoris befindet. Das ist kein persönliches Versagen, sondern spiegelt größere Wissenslücken und Tabus, die in Schule, Familie und Gesundheitswesen bestehen. Aufklärung ist entscheidend, damit Frauen verstehen, was bei einem Frauenarzttermin passiert, welche Risiken und Vorteile ein medizinischer Eingriff hat — und damit Selbstbestimmung möglich ist.
Wie groß sind die Wissenslücken?
Eine Umfrage aus Großbritannien zeigte: 37 % der Befragten – unabhängig vom Geschlecht – markierten die Klitoris falsch, als sie gefragt wurden, sie in einem Diagramm zu zeigen. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben außerdem Schwierigkeiten, Vagina, Harnröhre oder Anus korrekt voneinander zu unterscheiden. Quelle: The Guardian
Diese Studie verdeutlicht, dass es nicht nur um Fachwissen geht, sondern darum, was in Alltag und Erziehung vermittelt wird.
Erkenntnisse aus Deutschland und Österreich
Deutschland: GeSiD-Studie und sexuelle Gesundheit
- Die GeSiD-Studie („Gesundheit und Sexualität in Deutschland“) befragte 2018–2019 fast 5.000 Erwachsene im Alter zwischen 18 und 75 Jahren. Ziel war es, herauszufinden, wie es um sexuelle Gesundheit und Wissen steht. Quelle: PubMed
- Ein wichtiges Ergebnis: Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung hat jemals mit einer Arzt*in über sexuell übertragbare Infektionen (STIs) gesprochen — obwohl solche Gespräche wichtig sind für Gesundheit und Prävention. Das deutet auf Unsicherheiten und Hemmungen hin, über sexuelle Körperteile und Gesundheit zu sprechen. Quelle: PubMed
Österreich: GYNIAL-Studie & andere Befunde
- Die GYNIAL-Studie (Österreich 2025) zeigt, dass 92 % der Frauen sich wünschen, dass Männer besser über Frauengesundheit informiert sind. Zudem hält nur jede zweite Frau gynäkologische Untersuchungen für etwas, das „völlig selbstverständlich“ ist. Quelle: Presse | Ketchum Austria
- Eine andere Umfrage bei 1.548 Personen (14–75 Jahre) ergab, dass Männer häufig über ihren Kenntnisstand bezüglich Frauengesundheit deutlich weniger informiert sind als Frauen. Z. B. bezüglich Verhütung und Pubertät. Quelle: APA Science
Warum das relevant ist
Diese Studien zeigen: Wissen über die weibliche Genitalanatomie und sexuelle Gesundheit unterscheidet sich stark je nach Geschlecht, Alter und Bildungsgrad. Häufig sind Themen wie Vulva, Klitoris oder der genaue anatomische Aufbau nicht Teil der Schule oder es wird nur unzureichend darüber gesprochen. Das führt zu Unsicherheit, Scham und manchmal auch zu gesundheitlichen Nachteilen, wenn Beschwerden nicht richtig beschrieben oder wahrgenommen werden.
Ein Blick auf die Klitoris: Was man wissen sollte
- Die Klitoris ist nicht nur das kleine sichtbare „Knubbelchen“ oben – sie besteht aus einem sichtbaren Teil (Eichel) und größeren inneren Schwellkörpern, die sich unter der Haut erstrecken. Viele Menschen wissen nicht, dass diese inneren Teile existieren.
- Die Klitoris hat sehr viele empfindliche Nervenendigungen und ist zentral für sexuelle Lust und Orgasmus. Sie ist also kein „Bonus“ oder Nebenorgan, sondern ein wichtiger Teil der sexuellen Erfahrung.

Die Vulva und die Vagina: Definitionen und Unterschiede
Damit keine Missverständnisse bleiben, hier nochmal klar:
- Vulva: Der äußere Teil des weiblichen Genitals — alles, was von außen sichtbar ist. Dazu gehören die äußeren und inneren Schamlippen (Labia majora und minora), die Klitoris, der Venushügel, der Scheideneingang und Teile der Harnröhre.
- Vagina (Scheide): Der innere Kanal — sie verbindet die Vulva mit Gebärmutter und Muttermund. Sie ist Teil des Geburtskanals und spielt eine Rolle beim Geschlechtsverkehr.
Diese Begriffe sind nicht austauschbar. Wer von „der Vagina“ spricht, meint etwas anderes als das, was wirklich außen sichtbar ist.

Studien zur Vielfalt und Normalität
- In der Schweiz (Luzern) wurde eine Studie mit 657 Frauen durchgeführt, bei der die äußeren Vulvalippen vermessen wurden. Ergebnis: Es gibt eine sehr große Variation in Größe, Form und Asymmetrie. Innere und äußere Schamlippen unterscheiden sich deutlich von Person zu Person. DIE ZEIT Solche Befunde helfen dabei, unrealistische Schönheitsideale zu erkennen und zu akzeptieren, dass „normal“ sehr vielfältig ist.
Warum mehr Aufklärung nötig ist
Viele Menschen, Frauen wie Männer, berichten Scham oder Hemmungen, wenn sie über ihre Genitalien sprechen. Studien in Österreich zeigen: Mehr als die Hälfte der Menschen reden nicht offen über intime Beschwerden. Quelle: Presse | Ketchum Austria
Fehlendes Wissen kann zu Missverständnissen führen, besonders bei medizinischen Untersuchungen: Wer weiß nicht, was Vulva, Vagina, Klitoris sind, kann Beschwerden nicht klar benennen, sich in Untersuchungen unsicher fühlen und eventuell notwendige Hilfe zu spät suchen.
Geschlechterrollen und Normen verschärfen das: Weil über Penis und männliche Genitalien offen gesprochen wird, über weibliche häufig nicht — tritt Tabu ein, und Wissen bleibt unvollständig.
So könnte Aufklärung aussehen
Damit dieser Wissensstand sich verbessert, helfen:
- Schulische Sexualerziehung, die anatomisch korrekt und inklusiv ist — mit klaren Definitionen und Bildern.
- Gesundheitspersonal sollte in Ausbildung und Fortbildung besser über Vulva, Vagina, Klitoris informiert sein und offen kommunizieren.
- Medien & Öffentlichkeit können mithelfen, Tabus abzubauen, Fachbegriffe zu nutzen und zu normalisieren.
- Offener Dialog in Familien und Beziehungen — wenn Kinder und Jugendliche sachlich lernen, wie der eigene Körper aussieht und funktioniert, wächst das Selbstvertrauen.
Der Unterschied zwischen Vulva und Vagina mag auf den ersten Blick wie eine kleine Sache wirken — aber er ist ein Baustein von Selbstbestimmung, Gesundheit und Selbstwertgefühl. Wenn Frauen* und Transmänner verstehen, was ihr Körper ist, wie er funktioniert, und wie er aussieht, gewinnen sie mehr Sicherheit — medizinisch, sexuell und persönlich.
Wissenslücken sind kein individuelles Versagen, sondern ein gesellschaftliches Thema. Sie wachsen da, wo man nicht spricht, wo man nicht bildet, wo man auslässt. Es ist Zeit, das zu ändern: mit Geduld, mit Respekt — und mit echter Information.
Einfühlsame Beratung in Wien
Sie haben noch weitere Fragen zu diesem Thema? Unsere Gynäkologinnen und Gynäkologen nehmen sich gerne Zeit für Sie. Vereinbaren Sie jetzt Ihren Termin einfach online oder telefonisch unter +43 1 394 17 17.









